Ich möchte versuchen, die Frage, worum es in der Philosophie geht, durch eine Einführung in die Grundeinsichten der sogenannten transzendentalpragmatischen Erkenntnistheorie und Ethik zu beantworten.
Diese Grundeinsichten sind m.E. eigentlich sehr einfach und für jeden normalsinnigen Laien ohne weiteres nachvollziehbar:
Erstens, dass es nötig ist, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Sapere aude! (Das ist zugleich auch schon das Schwerste!)
Zweitens, dass es keine Instanz außerhalb des Menschen als Gattungswesen gibt, welche ihm sagt, was Wahrheit ist, was Sinn, was gut und böse.
Drittens, dass wir Menschen folglich aufeinander angewiesen sind in unserer ansonsten hilflosen Suche nach Wahrheit und Moral.
Viertens, dass “Philo-soph” zu sein, heißt, “Freund der Weisheit” zu sein, nicht ihr Besitzer. Freund aber bin ich nur solange ich mich bemühe.
Fünftens, dass folglich - i.S. dieses Bemühens - Erkenntnis immer offen sein muss für begründete Revision.
Dass philosophische Erkenntnis, sechstens, also den Anspruch auf Geltung (Wahrheit) ebensowenig aufgeben kann, wie sie sich in die vermeintliche Sicherheit ideologischer Dogmen flüchten darf. (Der Anspruch auf Geltung soll ja durch eine eventuelle Revision gerade verstärkt werden.)
Siebtens schließlich, dass das im obigen Verständnis zur conditio humana notwendig gehörende schlichte Stellen einer ernsthaften Frage zugleich (im sog. performativ-pragmatischen Sinn) ein Sich-Stellen auf den Boden einer virtuell universalistischen Minimalethik ist; dass also der Mensch nicht Mensch sein kann, ohne im Medium der Sprache den anderen implizit immer schon anerkannt und sich mit ihm auf ein Geflecht wechselseitiger, gleicher Rechte und Pflichten eingelassen zu haben.
Auch der radikalste Bestreiter ist auf das Stellen ernsthafter Fragen (und seien sie nur strategischer Natur) angewiesen, auch er braucht sichere Erkenntnis (Wahrheit). Neben mangelndem guten Willen, mangelnder Einsicht und natürlich auch mangelnden Kommunikationswegen (im technischen Sinn) ist es vor allem die Ausübung von Herrschaft (Macht), die die beschriebene Idealsituation als utopisch erscheinen lässt. Das ist sie jedoch nicht! Sie ist eine mit jeder ernsthaft gestellten Frage notwendigerweise immer schon gemachte Antizipation.
Je geringer die Hindernisse sind, die ihr im Weg stehen, desto leichter wird es uns gelingen, um mit Kant zu sprechen, die Wahrheit zu erkennen, das Richtige zu tun und uns dabei nicht durch leere Hoffnungen narren zu lassen.
Im ersten Teil der Lehrveranstaltung möchte ich hauptsächlich selbst zusammenhängend vortragen. Unterbrechungen für Fragen und kurze Diskussionen sind selbstverständlich möglich. Im zweiten Teil soll Gelegenheit für Beiträge der Teilnehmenden und für Überlegungen sein, wie das beschriebene philosophische Konzept auf konkrete Fragen der Gegenwart im politischen, ökonomischen, ökologischen und indiviuduell-lebensweltlichen Bereich angewendet werden kann.
Die LV richtet sich vor allem an Anfangssemester; auch Fortgeschrittene sind jedoch willkommen. Hausarbeiten können angefertigt werden.
Die oben skizzierten Gedanken sind näher ausgeführt in: R. Hesse: „Worum geht es in der Philosophie? Grundfragen der Philosophie zwischen Wahrheit und Macht“, ISBN 978-3-8258-1187-7
Falls Sie Fragen haben, schreiben Sie mir gern an: hesse@ph-freiburg.de. Telefonisch bin ich erreichbar unter der Nummer: 0178-2741294. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung! |