Literatur |
Miriam Lay Brandner: Handbuch Lateinamerikastudien. Berlin 2023.
Sara Castro-Klarén: A companion to latin-american literature and culture. Hoboken (NY) 2022.
Susanne Hartwig: Einführung in die Literatur- und Kulturwissenschaft Lateinamerikas. Stuttgart 2018.
Günther Maihold (Hg.): Lateinamerika: Handbuch für Wissenschaft und Studium. Baden-Baden 2019. |
Lerninhalte |
Schauen wir uns einige Nobelpreisträger aus Lateinamerika an: die Guatemaltekin Rigoberta Menchú (Friedensnobelpreis 1992) schreibt über den Genozid an den Maya-Völkern in den Bürgerkriegen der 1970er und 1980er Jahre – und wir können weder Form noch Stoff ihres dokumentarischen Lebensberichts („Testimonio“) begreifen, wenn wir nicht Grundkenntnisse der Maya-Mythen aus vorkolumbischer Zeit haben. Gleiches gilt für Cien años de soledad, den Roman von Gabriel García Márquez (Literaturnobelpreis 1982), dessen zyklische Zeitstruktur u.a. auf indigene Vorbilder verweist; oder für das Werk von Maria Vargas Llosa, aus Peru stammender Literaturnobelpreiseträger (2010), der ebenfalls in vielen seiner Romane den langen Linien in der Geschichte des Kontinents nachspürt.
Kurz gesagt: Nur mit umfassendem kulturhistorischem Hintergrundwissen ist die lateinamerikanische Literatur der Gegenwart angemessen zu verstehen. Daher setzt die Vorlesung nicht mit der Entstehung der Nationalliteraturen im Umfeld der Unabhängigkeitsbewegung des 19. Jahrhunderts ein, auch nicht mit den Schriften des sogenannten Entdeckers (Kolumbus) oder der Eroberer (Cortés, Díaz del Castillo etc.), sondern mit den Überlieferungen der im Wesentlichen mündlich überlieferten Kulturen der Azteken, Maya und Inka. Wobei vor allem der Frage nachzugehen sein wird, wie wir Europäer zu dem Wissen gelangt sind, das wir über jene Kulturen haben, wie Wissen in Lateinamerika zirkuliert und wo es generiert wird.
Anschließend werden ausgewählte Autor:innen und Schlüsselwerke des 16. bis 18. Jahrhunderts vorgestellt, eingebettet in eine Sozialgeschichte der Kolonien und der schwierigen Herausbildung ihres literarischen Feldes. Neben den kanonischen Primärtexten werden auch die theoretischen Grundlagen der heutigen Lateinamerikanistik vermittelt (postcolonial studies, transarea studies) sowie Textsorten wie Landkarten und Atlanten, die erst in jüngster Zeit Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung geworden sind. Am chronologischen Ende der Vorlesung steht das Werk eines Deutschen, der in vielen Ländern Südamerikas wie ein Nationalheiliger verehrt wird: Alexander von Humboldt. „Vom Popol Vuh bis Alexander von Humboldt“ – Lateinamerika schreibt offenbar nicht nur lateinamerikanische Literatur. |