Kommentar |
Die Vorlesung ist der zweite Teil eines auf fünf Semester angelegten Zyklus, der die europäische Geschichte der Frühen Neuzeit vorstellt. Sie soll ein Verständnis für die Charakteristika der Epoche insgesamt vermitteln, die anhand von Entwicklungen und Charakteristika des jeweils vorgestellten Zeitabschnitts sowie diesen betreffenden Forschungsdebatten vorgestellt werden. Jede einzelne Vorlesung des Zyklus dient somit als Einführung in die Geschichte der Frühen Neuzeit und kann zu diesem Zweck einzeln besucht werden. Sozial-, Wirtschafts-, Politik-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Die in diesem Semester zu behandelnde Teilepoche ist im Hinblick auf die Mächteordnung gekennzeichnet von dem für längere Zeit letzten Versuch eines fürstlichen Akteurs, eine universalistisch begründete Vorherrschaft in Europa zu begründen – doch Ludwig XIV. von Frankreich sollte dabei nicht nur seine Kräfte überspannen, sondern auch dem Ideal eines ausbalancierten Gleichgewichtssystems und der Kongressdiplomatie zum Aufstieg verhelfen. Maßstäbe sollte der Sonnenkönig gleichwohl im Hinblick auf fürstliche Inszenierung setzen – für Jahrzehnte genoss der Hof von Versailles eine kulturelle Ausstrahlung, wie sie vorher nicht einmal der bis dahin stilprägende spanische Hof gehabt hatte. Trotz einer zunehmenden Konzentration von Ressourcen und Macht an den fürstlichen Höfen und Verwaltungen spricht die neuere Forschung nicht mehr von einer Epoche des Absolutismus; denn Inszenierung von und Anspruch auf absolute Herrschaft entsprach in den meisten Fällen nicht der politischen Praxis. Auffallend ist, dass Phänomene der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen zunahmen: Während der Rationalismus eine „Entzauberung der Welt“ anbahnte, die überseeische Kolonisierung zunehmend ein Feld der Konkurrenz zwischen verschiedenen europäischen Akteuren wurde und die politische Theorie zu Höhenflügen ansetzte, fanden noch Hexenverfolgungen statt, plagten Hungerkrisen die Einwohnerinnen und Einwohner Europas und wurde die Welt nach wie vor von fast allen Zeitgenossen als eine Schöpfung Gottes wahrgenommen.
Die Vorlesung richtet sich sowohl an Studierende, die Überblickswissen erwerben wollen als auch an solche, die sich mit einer (Teil-)Epoche vertieft beschäftigen möchten.
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Literatur |
Die derzeit wohl beste propädeutische Einführung in die Frühneuzeitgeschichte ist: Birgit Emich: Geschichte der Frühen Neuzeit studieren, München 22019; einen knappen, aber inspirierenden Überblick bietet: Thomas Maissen: Geschichte der Frühen Neuzeit, München 2013. Ausführlicher und sehr instruktiv ist: Luise Schorn-Schütte: Geschichte in der Frühen Neuzeit. Grundzüge einer Epoche 1500–1789, Paderborn 42024. Eine anspruchsvolle methodische Einführung in die Neuzeit stellt dar: Ulinka Rublack (Hg.): Die Neue Geschichte. Eine Einführung in 16 Kapiteln, Oxford 2011. Zur zweiten Hälfte der Frühen Neuzeit: Gerrit Walther: Staatenkonkurrenz und Vernunft. Europa 1648–1789, München 2021. |