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Wilhelm Herrmann (1846-1922) sei, so formulierte es der seinerseits als ‚Kirchenvater des 20. Jahrhunderts’ betitelte protestantische Theologe Karl Barth in Hinblick auf seinen theologischen Lehrer, „Ritschls charaktervollster Schüler“ (Karl Barth, Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte, Zürich 1947, 304). Eingegangen ist Herrmann in die Theologiegeschichte als der Ethiker der Ritschlschule. Seine Verortung wird dabei gewöhnlich von drei Seiten her vorgenommen: Einerseits ist Albrecht Ritschl in theologischer Hinsicht die prägende Figur, welche besonders in rechtfertigungstheologischer und christologischer Dimension auf Herrmann einwirkt. Die beiden weiteren Pole seines Denkens stellen philosophische Determinanten dar, nämlich einmal die kantische Philosophie sowie andererseits die sich aus dem Vitalismus heraus entwickelnde Lebensphilosophie. Diese unterschiedlichen Einflussfaktoren in der für Herrmann signifikanten Zuordnung finden sich bereits in Herrmanns Schrift „Der Verkehr des Christen mit Gott im Anschluß an Luther dargestellt“ aus dem Jahr 1886 wieder, erreichen in systematisch-dogmatischer Hinsicht jedoch ihre interessanteste Gestalt in dem schlicht mit „Ethik“ überschriebenen Werk, dessen erste Auflage von 1901 im Seminar behandelt wird.
Im Seminar wird der Gesamttext der Herrmann’schen Ethik gelesen. Entgegen dem Titel des Werkes konstruiert Herrmann nicht nur ein ethisches System, sondern verbindet dieses untrennbar mit einem im engeren Wortsinne dogmatischen Konzept. Dieses nachzudenken, zu verstehen und in seiner strukturellen Anlage zu erfassen, wird das Zentrum der Textarbeit während des Blockseminars darstellen. Am 7. April findet eine konstituierende Sitzung statt, zu der auch das inhaltliche Vorgehen besprochen wird. |