Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur
Grundlagen Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur
Grundlagen der Literaturgeschichte
Fachwissenschaftliche Aspekte der Schulrahmenpläne
Konzeptionsmodul MA Germanistik
Profilbildung Literaturwissenschaft
Profilbildung Linguistik und Literaturwissenschaft
Profilbildung Literaturwissenschaft oder Linguistik
Spezialisierung Neuere und neueste deutsche Literatur
Die Lehrveranstaltung ist folgenden Studiengängen / Modulen zugeordnet:
BA Ger „Grundlagen der Literaturgeschichte“, „Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur“, „Spezialisierung Neuere und neueste deutsche Literatur“; BA Bepäd [Deu als Zweitfach], BA Wipäd [Deu als Zweitfach] „Grundlagen der Literaturgeschichte“, „Grundlagen Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur“; LA Deutsch „Grundlagen der Literaturgeschichte“, „Grundlagen Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur“ (LA, Gy; LA, So; LA Beifach), „Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur“ (LA, Re), „Fachwissenschaftliche Aspekte der Schulrahmenpläne“ (LA, Gy; LA, Re), „Profilbildung Literaturwissenschaft“ (LA, Gy), „Profilbildung Linguistik und Literaturwissenschaft“ (LA, Re; LA, Sopäd [2019]), „Profilbildung Literaturwissenschaft oder Linguistik“ (LA, Sopäd [2012]), „Spezialisierung Neuere und neueste deutsche Literatur“; Master Bepäd (Deutsch als ZF) / Master Wipäd (Deutsch als ZF) (2017/2020; 2018/2021) „Spezialisierung Neuere und neueste deutsche Literatur“, „Profilbildung Literaturwissenschaft oder Linguistik“ (2017; 2018), „Profilbildung Literaturwissenschaft“ (2020; 2021); Master Ger (2013), Master Ger, Erstfach (2018/2020) „Konzeptionsmodul Master Germanistik“
Modulprüfung wählbar in:
„Grundlagen Allgemeine und regionale Aspekte der Literatur“ (mdl. Prüfung oder digitale Prüfungsleistung)
Inhaltliches Konzept
Beinahe scheinen das 'Lyrische' und das 'Empfindsame’ so etwas wie ein analoges Verhältnis zu bilden – und das nicht nur im 18. Jahrhundert. Genauer gesagt wird mit ‚Empfindsamkeit’ aber diejenige literarische Sub-Strömung innerhalb der (europäischen) Aufklärung beschrieben, in welcher dem für die Epoche so charakteristischen Rationalismus und Utilitarismus, die Kultivierung und Emphatisierung des Gefühls als ergänzendes Korrektiv beigeordnet wird. Letzteres kann sich auf Sozialformen wie Freundschaft und Liebe, aber auch auf die Natur, die Religion und die Literatur bzw. Kunst selbst beziehen. Ein Beispiel: Ähnlich wie der Halberstädter Mäzen und Anakreontiker Johann Wilhelm Ludwig Gleim mit seinen als ”Freundschaftstempel” apostrophierten Netzwerken, oder Lyriker wie Immanuel Jacob Pyra und Samuel Gothold Lange mit seiner Ode Die Freunde (1747), pflegte auch der eng mit Gleim verbundene Friedrich Gottlieb Klopstock sein enthusiastisches Verständnis von Freundschaft in beinahe mythischer Verklärung zu vollziehen, allerdings nicht so sehr in spatialisierter Form eines Halberstädter Pantheons, sondern vielmehr in einer lyrisierten Transformation. Eine soziale Praxis wird dadurch zunehmend in ein Projekt der Imagination und damit in ein poetologisches Verfahren transzendiert. Viele der Oden und Hymnen Klopstocks sind anzusiedeln in eine Triage aus Werkpolitik (Steffen Martus), auktorialer Selbstinszenierung im literarischen Feld (Pierre Bourdieu) und einer rhetorischen Codierung von Intimität (Niklas Luhmann). Die Freundschaftskonzepte sind gebunden an kommunikative Codes und damit an tropologische Parameter, die einer ästhetisch kalkulierten Melange aus Metaphorik und Mythologie entnommen sind. Der freundschaftliche Enthusiasmus fusioniert im lyrischen Vollzug mit einer poetischen Intensität und visualisiert auf diesen Ebenen gleichermaßen und sich gegenseitig befruchtend den von Klopstock, Gleim oder Karsch vertretenen Paradigmenwechsel, welcher sich in zahlreichen Texten der Empfindsamkeit auch in der Lyrisierung von Naturerleben und von konkreten geselligen Praktiken ausdrückt. Nach der Rekonstruktion der Antizipation des europäisch-empfindsamen Diskurses durch Edward Young, Sterne und Rousseau werden in der Vorlesung Gedichte behandelt von André Chenier, William Cowper, Ewald von Kleist, Gellert, Gleim, Goethe, Johann Christian Günther, Hölty, Anna Louisa Karsch, Klopstock, Lange, Lessing, Miller, Pyra, Schubart, Stolberg, J.H. Voß, Weise und Wieland. Auch sollen Gruppenbildungen und Strömungen wie der Gleim-Kreis, der Göttinger Hain und damit auch die Anakreontiker besondere Berücksichtigung finden, um die lyrische Gestaltung von Freundschaft, Enthusiasmus und Naturkult auch in ihrer sozio-institutionellen (und epistolaren) Organisation nachvollziehen zu können. Ein rezeptionshistorischer Blick auf Vertonungen des empfindsamen Lyrikguts durch Komponisten wie Telemann oder Schubert wird diese Betrachtungen ebenso abrunden wie die Integration der kritische Auseinandersetzung mit dem empfindsamen Kult und der Lesesucht durch aufklärerische Zeitgenossen wie Johann Heinrich Campe.
Ein genauer Vorlesungsplan wird gegen Ende der vorlesungsfreien Zeit zur Verfügung gestellt.
Literaturhinweise:
1) Wolfgang Adam: ”Freundschaft und Geselligkeit im 18. Jahrhundert”, in: Katalog des Freund-schaftstempels im Gleimhaus in Halberstadt. Herausgegeben vom Gleimhaus Halberstadt, Leipzig 2000, S. 9-34.
2) Franz-Josef Holznagel/Hans-Georg Kemper u.a.: Geschichte der deutschen Lyrik, Stuttgart 2004.
3) Hella Jäger: Naivität. Eine kritisch-utopische Kategorie in der bürgerlichen Literatur und Ästhetik des 18. Jahrhunderts, Kronberg 1975.
4) Gerhard Kaiser: Geschichte der deutschen Lyrik von Goethe bis zur Gegenwart. Ein Grundriß in Interpretationen. Band I: Von Goethe bis Heine, Frankfurt am Main 1991.
5) Steffen Martus: Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert – ein Epochenbild, Berlin 2015, zweite Auflage.
6) Winfried Menninghaus: ”Nachwort”, in: Friedrich Gottlieb Klopstock: Gedanken über die Natur der Poesie. Dichtungstheoretische Schriften. Herausgegeben von Winfried Menninghaus, Frankfurt am Main 1989, S. 259-361.
7) Burkhard Meyer-Sickendiek: „Zärtlichkeit. Zu den aristokratischen Quellen der bürgerlichen Empfindsamkeit", in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. 2. 2014, S. 206–233.
8) Gerhard Sauder (Hg.): Theorie der Empfindsamkeit und des Sturm und Drang, Stuttgart 2003.
9) Erika Thomalla: Die Erfindung des Dichterbundes. Die Medienpraktiken des Göttinger Hains, Göttingen 2018.
10) Torsten Voß: ”Grenadier und Skalde. Johann Wilhelm Ludwig Gleims Preußische Kriegs- und Siegeslieder. Das Kriegerische als maskulin-ästhetische Haltung und (galantes) Rollenspiel in der Lyrik des 18. Jahrhunderts”, in: Wirkendes Wort 63:2 (2013), S. 179-202.
11) Nikolaus Wegmann: Diskurse der Empfindsamkeit. Zur Geschichte eines Gefühls in der Literatur des 18. Jahrhunderts,, Stuttgart 1988.
Die verbindliche Anmeldung erfolgt durch Einschreibung bei Stud.IP sowie durch Anwesenheit in der ersten Sitzung |