Kommentar |
Als der Staatssozialismus zusammenbrach erschütterte eine nicht enden wollende Welle der rechten Gewalt die noch junge Berliner Republik. Vor allem in den ostdeutschen Gebieten verbreiteten rechte Banden Angst und Schrecken unter denjenigen, die nicht in ihr völkisches Weltbild passten. Auch in Mecklenburg-Vorpommern ließ die Gesellschaft den alltäglichen Terror gewähren, mit verheerenden Folgen für die demokratische Entwicklung des am dünnsten besiedelten Bundeslandes. Durch den Begriff der Baseballschlägerjahre wurden diese lange verdrängten Zustände erzählbar. Dabei zeigten die vielfältigen Berichte von ertragenem Horror und gelebtem Widerstand vor allem, wie wenig wir über eine Zeit wissen, die unsere Gegenwart so sehr bestimmt. Bisher tendiert die einschlägige Forschung entweder dazu, die autoritäre DDR-Kinderstube verantwortlich zu machen oder aber die Zumutungen während des Umbruchs als Ursache anzusehen. In dem Wissen, wie wenig solche einseitigen Überlegungen überzeugen, schlug der Politikwissenschaftler Gideon Botsch eine integrierte Perspektive vor. Sie würde einen größeren zeitlichen Rahmen spannen und die rechten Akteure vom Ende der DDR über den Umbruch bis in die frühe Berliner Republik erforschen und ihre Handlungsspielräume ausloten. Dieser Sichtweise ist auch die hier beschriebene Lehrveranstaltung verpflichtet. Ziel ist es anhand von Darstellungen und Quellen die rechten Akteure und ihre Praktiken in einer historischen Tiefenbohrung zu beschreiben. Dabei wird der Frage nachgegangen, wer zur extremen Rechten gehörte und warum sich diese Gruppen in ihren Strukturen und Praktiken veränderten. Ein zweites wesentliches Augenmerk des Seminars bildet die Erinnerung an rechte Gewalt in den frühen 1990er Jahre. So werden im Seminar Formen, Konzepte und Narrative des Gedenkens analysiert.
Einschreibezeitraum für Studierende ab dem 2. Semester: 13.02.2023, 12:00 Uhr bis 17.03.2023, 16:00 Uhr Loszeitpunkt: 17.03.2023, 16:10 Uhr |
Literatur |
Gideon Botsch: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik Deutschland. 1949 bis heute, Darmstadt 2012. Norbert Frei, Franka Maubach, Christina Morina, Maik Tändler. Zur rechten Zeit. Wider die Rückkehr des Nationalismus, München 2019. Heike Kleffner, Anna Spangenberg (Hrsg.): Generation Hoyerswerda. Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg, Berlin 2016. Herrmann Langer: Flächenbrand von rechts. Zum Rechtsextremismus im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 1993. Matthias Lorenz, Tanja Thomas, Fabian Virchow (Hrsg.) Rechte Gewalt erzählen. Doing Memory in Literatur, Theater und Film, Heidelberg 2020. Massimo Perinelli, Lydia Lierke (Hrsg): Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive, Berlin 2020. Bernd Wagner: Rechtsradikalismus in der Spät-DDR. Zur militant-nazistischen Radikalisierung. Wirkungen und Reaktionen in der DDR-Gesellschaft, Berlin 2014. |