Kommentar |
Gegenwärtig rücken Fragen der Macht sowohl gesellschaftspolitisch als auch in kulturtheoretischen und feuilletonistischen Debatten ins Zentrum: Während etwa die Gilets Jaunes gegen ökonomische Ungleichheit protestieren, werden in Debatten über Kunst zunehmend Fragen von der Politik (und den Ausschlussmechanismen) der Darstellung, von Repräsentation, Gleichberechtigung und der (Nicht-)Trennung von Kunst und Künstler gestellt.
In diesem Hauptseminar wollen wir die Verbindung von Machtverhältnissen und poetischer Gestaltung in Texten und Filmen des extrême contemporain in den Blick nehmen. Als theoretische Grundlagen werden beispielsweise Texte von Pierre Bourdieu, Michel Foucault, Simone de Beauvoir und Frantz Fanon dienen, und damit die Konzepte und Ungleichheiten aufgrund von classe, race und sexe/genre. Vor ihrem Hintergrund werden wir Gegenwartsliteratur und -filme u.a. von Annie Ernaux, Leïla Slimani und Édouard Louis, von François Ozon, Ladj Ly, Michael Haneke und Rebecca Zlotowski untersuchen. Dort finden sich zum Teil deutliche Bezüge zu Texten des 19. Jahrhunderts (Victor Hugos Les Misérables, Émile Zolas Rougon-Macquart-Zyklus), die wir ebenso in den Blick nehmen werden wie die Verweise auf Filme der 1960er und 1970er Jahre (u.a. von Jean-Luc Godard).
Eine besondere Herausforderung wird darin bestehen, das Verhältnis von Macht, Poetik und Politik nicht vornehmlich als Abbildungsverhältnis zu denken. Neben der Analyse der Machtverhältnisse auf inhaltlicher Ebene wird es deshalb vor allem darum gehen, mit welchen ästhetischen Strategien die Texte und Filme ihr Material bearbeiten – und ob und wie sich Blick- und Erzählweisen selbst als (Gegen)Machtstrategien begreifen lassen.
Der Seminarplan ist offen für zusätzliche Vorschläge der Teilnehmer*innen. Die Diskussionen werden zu großen Teilen in französischer Sprache stattfinden. |