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Nichtstun hat in der Kulturgeschichte seit der Antike bis heute sehr unterschiedliche Konzeptualisierungen und Zuschreibungen erfahren: Es kann Privileg, Tugend und Laster sein, Bedingung und Hemmnis des Tuns, Krankheit und Kompetenz, Pflicht, Provokation und Verantwortungslosigkeit.
Die Vorlesung setzt sich zum Ziel, anhand ausgewählter Etappen der französischen und italienischen Literaturgeschichte den Zusammenhängen von Nichtstun und Literatur auf die Spur zu kommen. Zu denken ist an den literarischen Schaffensprozess, aber auch an die Rezeption von Literatur, an literarische Figuren und an literarische Texte in ihren philosophischen, religiösen, ökonomischen und ideologischen Kontexten. Nichtstun ist nicht ohne erzählerische Vermittlung und ästhetische Repräsentation zu denken – und lässt sich umgekehrt Literatur und Kunst ohne eine Selbstpositionierung gegenüber anderen Formen menschlichen Tuns vorstellen? Giovanni Boccaccios BinnenerzählerInnen, Luigi Pirandellos willenloser „autore“ und die schlaffen Protagonisten bei Natalia Ginsburg, die Mystikerinnen des 17. Jahrhunderts, die Fabeln Jean de La Fontaines und der Dandy bei Joris Huysmans, autobiographisches Erzählen von Natalie Sarraute und Voltaires „Candide“ – sie alle geben Anlass, aktiv der Passivität in der Literaturgeschichte nachzugehen…
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