Kommentar |
In diesem Hauptseminar wird es um programmatische wie literarische Texte des französischsprachigen Naturalismus und italienischsprachigen Verismus gehen. Neben poetologischen Texten und Ausschnitten aus mehreren Romanen des Rougon Macquart-Zyklus’ von Émile Zola, dem bekanntesten Vertreter des französischen Naturalismus, werden wir auch einen Blick auf den belgischen Naturalismus (Lemonnier) werfen. Im Anschluss wenden wir uns seiner italienischen Version, dem verismo, zu: In Texten von Giovanni Verga, Luigi Capuana und Matilde Serao werden wir Einflüsse, Ähnlichkeiten und Unterschiede herausarbeiten. Es wird dabei auch darum gehen, die Programmatiken mit ihrer literarischen Umsetzung zu vergleichen und insbesondere das Verhältnis zwischen Erzählinstanz und Figuren in den Blick zu nehmen: Wie wird von den Menschen erzählt, die oftmals in prekären Verhältnissen leben und sich weniger gewählt ausdrücken als die Erzählinstanzen, die von ihnen berichten? Inwiefern wird diese Distanz sichtbar, versteckt, für die Themen und Schreibweisen entscheidend? Wir werden dabei auch neue Forschungsperspektiven auf die beiden Strömungen berücksichtigen, etwa zur Rolle der poetologischen Selbstreflexivität veristischer Texte.
Das Seminar ist komparatistisch angelegt; die Teilnahme ist aber ausdrücklich auch für Studierende geeignet, die nur Französisch oder Italienisch studieren – die Texte der jeweils anderen Sprache werden in Übersetzung zur Verfügung gestellt. |
Lerninhalte |
Literarische Texte, die vom Erzählen erzählen und über das Schreiben schreiben lenken die Aufmerksamkeit ganz besonders deutlich von der Handlung weg auf die Konstruktion und Reflexion ihrer eigenen Form und Ausdrucksmittel. Im Proseminar werden wir das selbstreflexive und metafiktionale Schreiben vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart in der französisch- und italienischsprachigen Literatur in den Blick nehmen. Beginnend mit theoretischen Definitionen von Metafiktion und Selbstreflexivität wird es unter anderem um ... Diderot, die mise en abyme bei André Gide, aufständische Theaterfiguren bei Luigi Pirandello, die Lesenden als Hauptfigur bei Italo Calvino, ein Puzzlehaus als poetologisches Prinzip bei Georges Perec und mündliche gegenüber schriftlichen Literatur- und Erzählkonzeptionen beim frankokaribischen Autor Patrick Chamoiseau gehen.
Das Seminar dient dabei nicht nur dazu, einen Einblick in die Geschichte selbstreflexiver Texte seit dem 18. Jahrhundert zu geben, sondern versteht sich auch als eine vertiefende Einführung in die theoretisch fundierte Lektüre und Interpretation von Texten, die die im Modul Französische Literaturwissenschaft 1a vermittelten Analysefertigkeiten schärfen und ausbauen wird, und als Vorbereitung auf das Verfassen der ersten eigenen Hausarbeit (Bericht) als Prüfungsleistung. |