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Das Seminar untersucht anhand ausgewählter Beispiele das Potenzial literarischen Erzählens für die (auto)fiktionale Repräsentation von individueller Erinnerung und kollektivem Gedächtnis. Der Roman „La chambre des officiers“ von Marc Dugain (1998) erzählt die Geschichte des Offiziers Adrien Fournier, der unmittelbar nach seinem Einzug in den Kriegsdienst 1914 von einer Granate getroffen wird, die ihm das Gesicht zertrümmert: Wie wird um die Jahrtausendwende an das Schicksal der sog. „gueules cassées“ erinnert? Der Romanautor Gaël Faye (geb. 1982) flüchtete im Jahr 1995 von Burundi nach Frankreich, um dem Völkermord in seinem Land zu entkommen. Sein u.a. mit dem Prix des Lycéens ausgezeichneter Roman „Petit Pays“ (2016) erzählt die Geschichte von Gabriel, der von Bujumbara nach Paris flieht und im Alter von 33 Jahren wieder nach Burundi zurückkehrt.
Wie in diesen beiden Romanen wird auch in "Garcon manqué" (2002) von Nina Bouraouni Erinnerung eng an Identitätsreflexion geknüpft. Die (autofiktionale?) Erzählinstanz entwirft, sucht und (er)findet sich im rückblickenden Erzählen: " Je deviens Brio. Etre la première en tout. Etre un garçon avec la grâce d'une fille. Brio pour toute l'Algérie. Brio contre toute la France. Brio contre mon corps qui me fait de la peine. Brio contre la femme qui dit : Quelle jolie petite fille. Tu t'appelles comment ? Ahmed. Sa surprise. Mon défi. Sa gêne. Ma victoire. Je fais honte au monde entier. Je salis l'enfance. C'est un jeu pervers. C'est un jeu d'enfant. Non, je ne veux pas me marier. Non, je ne laisserai pas mes cheveux longs. Non, je ne marcherai pas comme une fille. Non, je ne suis pas française." |