Man liegt sicher nicht verkehrt, wenn man Kant zu den bedeutendsten Denkern der Menschheitsgeschichte zählt. Seine erziehungs- und politiktheoretischen Schriften nehmen vom Umfang her in seinem Ouevre nur eine untergeordnete Stellung ein. Aber sie haben es in sich. Wie sollte der Staat strukturiert sein, wie sollten die internationalen politischen Verhältnisse geordnet werden, damit der Mensch als M e n s c h (d.h. als Vernunftwesen, nicht als hobbe`scher Wolf) in ihm/ in ihnen leben kann? Wie lässt sich das unaufhebbare Spannungsverhältnis zwischen partikularen Interessen (Nationen, Kulturen) einerseits und dem ebenso unaufgebbaren Universalitätsanspruch normativer praktischer Vernunft (Ethik) andererseits so gestalten, dass nicht dauernde Kriege die Folge sind? Ist nicht die Anerkennung der Einheit der Vernunft Überlebensbedingung einer pluralistischen Welt? Welche Funktion kommt in diesem Zusammenhang der Erziehung zu? Niemand wird behaupten wollen, dass diese Fragen seit Kant an Aktualität verloren hätten. Das Gegenteil ist richtig.. Kants kleine und durchgängig in allgemeinverständlicher Sprache verfassten politischen und Erziehungsschriften geben Antwort auf sie. Dabei war Kant alles andere als ein naiver Idealist. Er hat sich keinen Illusionen hingegeben hinsichtlich der menschlichen (Tier-)Natur und der realen Aussichten, sie durch Aufklärung und Erziehung zu transformieren. Gerade deswegen ist die Lektüre dieser kleineren Schriften nicht nur intellektuell faszinierend, sondern vor allem auch vor dem Hintergrund der aktuellen Menschheitssituation unverzichtbar.
Im ersten Teil des Blockseminars möchte ich Kants Stellung und Bedeutung in der Philosophiegeschichte darstellen. Dies hauptsächlich mit dem Ziel, eine bessere Einordnung auch seiner politischen Philosophie und Erziehungstheorie in einen größeren Kontext zu ermöglichen.
Im zweiten Teil werden wir uns dann die Schriften selbst vornehmen: "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?"; "Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht", "Zum ewigen Frieden" und " Über Erziehung".
Einzige Teilnahmebedingung meinerseits ist, dass die Teilnahme nicht n u r aus formalen Gründen (Scheinerwerb, Punktesammeln usw.) erfolgt, sondern a u c h weil es ein genuines Interesse an der Thematik gibt. Ich erhoffe mir lebendige Diskussionen, nicht zuletzt über Bezüge zwischen Kants Philosophie und der gegenwärtigen Weltsituation.
Das Anfertigen einer Hausarbeit ist möglich. Für eventuelle Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung: hesse@ph-freiburg.de Tel:0178-2741294 |