Kommentar |
Vom frühen 17. bis ins späte 18. Jahrhundert – und im Falle Großbritanniens sogar bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts – nutzten westeuropäische Seemächte die Organisationsform der privilegierten Handelskompanie, um ihren ökonomischen und politischen Einfluss auf außereuropäische Gebiete auszudehnen. So wurde etwa die heutige Stadt New York im 17. Jahrhundert unter Federführung der Niederländischen Westindienkompanie gegründet. Am bekanntesten und historisch bedeutsamsten waren indes die Ostindienkompanien als Trägerinnen von Handel und Kolonisation im asiatischen Raum. Aus heutiger Perspektive erscheinen diese Kompanien als eigentümliche Gebilde. Waren sie einerseits gewinnorientierte Unternehmen, so wurden ihnen andererseits staatliche Aufgaben und Vollmachten übertragen: Ihnen oblag die Kolonialverwaltung, sie konnten Verträge mit außereuropäischen Herrschern schließen und sie konnten militärische Gewalt einsetzen. Die Kolonialkriege des 17. und 18. Jahrhunderts wurden vielfach mit den bewaffneten Schiffen und den Truppen der Handelskompanien ausgetragen. In ihrem Zwitter-Charakter waren sie charakteristisch für eine bestimmte Phase der europäischen Staatsbildung. Die Kompanien waren facettenreiche Gebilde, an deren Beispiel viele Aspekte der frühneuzeitlichen europäischen Expansion, aber auch der Geschichte von Wirtschaft und Alltagskultur diskutiert werden können. Die Ostindienkompanien gehörten zu den ersten Aktiengesellschaften; die von ihnen nach Europa gebrachten Güter (z.B. Tee, Gewürze, Porzellan, indische Seide) veränderten die Konsumkultur; die Berichte von Gelehrten und Missionaren, die auf ihren Schiffen nach Asien reisten, veränderten das Bild, das sich Europäer von Ländern wie Indien oder China machten. In Asien waren die Kompanien Akteurinnen brutaler Unterdrückung und Ausbeutung, wo die politischen Verhältnisse es zuließen; wo sie auf politisch mächtige Gebilde trafen, setzten sie auf Diplomatie und gaben sich bescheiden. Das Seminar wird diese unterschiedlichen Aspekte der Geschichte der Ostindienkompanien aufgreifen und damit Studierenden einen Einblick in die europäisch-asiatischen Beziehungen und darüber hinaus in die frühneuzeitliche europäische Expansion geben.
Einschreibezeitraum für Studierende ab dem 2. Semester: 14.02.2022, 12:00 Uhr bis 18.03.2022, 16:00 Uhr Loszeitpunkt: 18.03.2022, 16:10 Uhr |
Literatur |
Bowen, H.V : The Worlds of the East Indian Company. Woodbridge [u.a.] 2003. Bruijn, Jaap R. : Ships, Sailors and Spices. East India Companies and their Shipping in the 16th, 17th and 18th Centuries. Amsterdam 1993. Chaudhuri, Sushil; Morineau, M. (Hrsg.): Merchants, Companies and Trade. Europe and Asia in the Early Modern Era. Cambridge 1999. Krieger, Martin: Kaufleute, Seeräuber und Diplomaten. Der dänische Handel auf dem Indischen Ozean (1620-1868). Köln 1989. Lawson, Philip: The East India Company. A History. London 1993. Ormrod, David: The Rise of Commercial Empires. England and the Netherlands in the Age of Mercantilism, 1650-1770. 3. Aufl. Cambridge 2005. Schmitt, Eberhard; Schleich, Thomas. ; Beck, T. (Hrsg.) : Kaufleute als Kolonialherren. Die Handelswelt der Niederländer vom Kap der Guten Hoffnung bis Nagasaki 1600-1800. Bamberg 1988. Stern, Philip J.: The Company State. Corporate Sovereignty and the Early Modern Foundations of the British Empire in India. Oxford 2011.
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