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Alfred North Whitehead (1861-1947) gilt im englischsprachigen Raum als bedeutender Erneuerer der Naturphilosophie und Metaphysik, und auch in Deutschland nimmt die Beschäftigung mit seiner Philosophie immer mehr zu. Hierzulande ist er vor allem als Autor der „Principia Mathematica“ bekannt, die er zusammen mit seinem Schüler Bertrand Russell verfasste. Whitehead begann zwar als Physiker und Mathematiker, aber seine Interessen richteten sich im Verlauf der Zeit immer stärker auf naturphilosophische und metaphysische Fragen, so dass er in Abkehr von der Substanzmetaphysik eine prozessorientierte philosophische Kosmologie konzipierte, deren Anspruch es ist, der naturwissenschaftlichen Erfahrung ebenso Rechnung zu tragen wie der ästhetischen, religiösen und ethischen. Whitehead präsentiert so in seiner Kosmologie eine philosophische Deutung der Wirklichkeit, in der diese als eine organische Verbindung von Prozessen beschrieben wird, die in ihrer Dynamik das kreative Potential besitzen, immer wieder echte Neuheit im Kosmos hervorzubringen. Dabei bezieht sich die organische Verwobenheit der Wirklichkeit nicht nur auf die weltlichen Entitäten untereinander, eine solche findet sich – wenn man den Grundannahmen der metaphysischen Analyse Whiteheads folgt – notwendig auch zwischen Gott und Welt. Diese „panentheistische“ Sichtweise, in der Gott und Welt ontologisch nicht strikt getrennt sind, dient heute noch als unausgeschöpfte Ressource in der aktuellen Debatte um das Gott-Welt-Verhältnis.
Die Veranstaltung möchte durch intensive Lektüre in die Prozessphilosophie einführen und grundlegende Konzepte und Argumentationsstrukturen näher erläutern. Voraussetzung einer erfolgreichen Teilnahme ist die Bereitschaft, sich auf die herausfordernde Lektüre eines Klassikers der abendländischen Philosophie einzulassen. |