Kommentar |
Die Konfliktlinie zwischen dem kastilisch geprägtem Zentrum und den peripheren Regionen prägt die spanische Politik seit Jahrhunderten. Im Verfassungskompromiss, der am Ende der demokratischen Transition vom autoritären franquistischen Regime zu einer parlamentarischen Monarchie stand, sollte dieser Konflikt mit dem sogenannten Staat der Autonomen Gemeinschaften befriedet werden. Den historischen Nationalitäten, insbesondere das Baskenland und Katalonien, wurden weitreichende Autonomierechte garantiert. Im Baskenland kämpfte ein signifikanter Teil der politischen und sozialen Kräfte jedoch weiterhin für ein unabhängiges und geeintes Baskenland – auch mit den Mitteln des politischen Terrors der ETA. In Katalonien dagegen entwickelte sich eine gemäßigt nationalistische Partei zur hegemonialen politischen Kraft und verstand es, der Zentralregierung in Madrid immer weitergehende Autonomierechte abzuringen. Dieses Szenario – Terror und Widerstand im Baskenland, fortschreitende Ausgestaltung einer weitreichenden Autonomie in Katalonien – hat sich in den letzten Jahren ins Gegenteil verkehrt. Während mit der Auflösung der ETA im Mai 2018 das Kapitel des militanten Nationalismus im Baskenland zu Ende ging, treiben die katalanischen Nationalisten den Konflikt mit der Zentralregierung auf die Spitze. In dem Seminar werden Genese, Gegenwart und Perspektiven der nationalistischen Bewegungen in Spanien diskutiert. Dabei soll – auch vor dem Hintergrund der Krise des etablierten Parteiensystems – der Frage nachgegangen, wie tragfähig der vielbeschworene Konsens der spanischen Transition heute noch ist. Nach Anmeldung bei stud.ip erfolgt die Referatsvergabe nach Beginn der Vorlesungszeit per E-Mail. Rückfragen bitte an:
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Literatur |
• Anderson, Benedict: The nation and the origins of national consciousness. In: Guibernau, Montserrat; Rex, John (Hg.): The ethnicity reader. Nationalism, multiculturalism and migration. 2. ed. Cambridge 2010. 56-63. • Baumer, Andreas: ETA: 50 Jahre und kein Ende. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 09/2009. 31-34. • Baumer, Andreas: Jenseits der Pyrenäen: Parteien und gesellschaftliche Konflikte in Spanien und Portugal. In: Eith, Ulrich, Mielke, Gerd (Hg.). Gesellschaftliche Konflikte und Parteiensysteme. Länder- und Regionalstudien. Wiesbaden 2001: 141-156. • Baumer, Andreas: Kommunismus in Spanien. Die Partido Comunista de España - Widerstand, Krise und Anpassung (1970-2006). Baden-Baden 2008. • Baumer, Andreas: Der Rechte Schock. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 09/2009. 9-12 • Bernecker, Walther L.: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. 6. Aufl. München 2018. • Bernecker, Walther L.; Eßer, Torsten; Kraus, Peter A.: Eine kleine Geschichte Kataloniens. Frankfurt am Main 2007. • Gillespie, Richard, Gray, Caroline (Hg.): Contesting Spain? The dynamics of nationalist movements in Catalonia and the Basque Country. London 2015. • Guibernau: Catalan Nationalism. Francoism, transition and democracy. London, New York 2004. • Gunther, Richard, Montero, José Ramón, Botella, Joan: Democracy in Modern Spain. New Haven, London 2011. • Hobsbawm, Eric. J.: Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780. 3. Aufl. Frankfurt/Main 2005. • Mees, Ludger: Nationalism, Violence and Democracy. The Basque Clash of Identities. Houndsmills, New York 2003. • Muro, Diego: Ethnicity and Violence. The Case of Radical Basque Nationalism. New York, London 2008. • Núñez Seixas, Xosé M.: Die bewegte Nation : der spanische Nationalgedanke 1808-2019. Bonn 2021.
https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/327332/die-bewegte-nation/
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