Mit dem Aufsatztitel »Der sich selbst aktualisierende Jesaja« bringt der ehemalige Zürcher Alttestamentler Odil Hannes Steck das faszinierende Phänomen der Prophetie Jesajas auf den Punkt. Denn das Jesajabuch hat in seiner ca. 500 jährige Entstehungsgeschichte vom vorexilischen Juda bis in die hellenistische Zeit hinein einen Diskussionsprozess und Interpretationsprozess der eigenen Überlieferungen freigesetzt, indem das Ringen um die Gegenwartsrelevanz der Prophetie Jesajas deutlich wird. Dazu haben die Jesajatradenten ihre eigenen theologischen Konzeptionen über die Jahrhunderte aufgenommen, modifiziert und aktualisiert. Aufgrund der langen Entstehungsgeschichte des Jesajabuches ist es daher möglich, die Geschichte des Alten Israels in seiner spezifisch jesajanischen Deutung zu rekonstruieren.
Diesen Interpretations- und Diskussionsprozess der eigenen Überlieferungen wollen wir im Seminar religions- und theologiegeschichtlich an ausgewählten Beispielen erarbeiten. Das Ziel des Seminars ist ein zweifaches: Zum einen wollen wir uns einen Überblick über die wichtigsten Weichenstellungen der Geschichte Israels erarbeiten und diese in ihrer jesajanischen Deutung verstehen lernen. Zum anderen wird die Entstehungsgeschichte des Jesajabuches selbst im Vordergrund stehen, um einen Einblick in die komplexe Buchgenese zu vermitteln. |